Sonntag, 15. Februar 2015

Erich Weinert - An die deutschen Frauen

(wobei man das jetzt nicht nur auf Deutsche beziehen soll)

Glaubt denn das kriegsvergötternde Gezücht,
Ihr wärt zu seiner Blutlust schon entartet,
Dass durch den Lügendunst ihr nicht gewartet,
Wer da so laut vom schönen Kriege spricht?
Wer will den nächsten Krieg? Ihr wollt ihn nicht!

Ihr wollt ihn nicht! Wem, trägt er etwas ein?
Nicht euch, nicht euren Männern, Söhnen, Vätern.
Nur denen, die beschwörend euch beschrein,
Nur den Schmarotzern wird er fruchtbar sein
Und ihren ausgehaltenen Volksverrätern.

Schaut sie euch an! Das ist dieselbe Pest.
Sie glauben, ihre Schande sei vergessen,
Wie sie dem Volk das Herzblut ausgepresst
Und ohne Scham bis auf den trocknen Rest
Das letzte Brot vom Waisentisch gefressen.

Dein Vater, Mädchen, Mutter, deine Söhne,
Dein Gatte, Frau, sie kehrten nicht zurück.
Und wieder hört ihr diese Zaubertöne
Wollt ihr nun haben, dass der Krieg, der schöne,
Vernichte euer nachgewachsenes Glück?

Ruft das Verbrechen auf, eh‘ es begonnen!
Die Straße schallt von Trommeln. Wartet nicht,
Bis sich die Männer sammeln in Kolonnen
Und folgen wieder stumpf verrufner Pflicht.
Schreit ihnen euren Abscheu ins Gesicht.

Seht ihr denn nicht, was man mit ihnen macht?
Schon stelzen sie herum in Waffenpracht,
Um sich vor euch als Helden aufzuspielen.
Anstatt sie zu bewundern, lasst sie fühlen,
Dass ihr sie nur verachtet und verlacht.

Sie sind schon wieder blind. Reißt sie zurück,
Dass sie, was euch gehört, ihr Blut und Leben
Nicht noch einmal für die Verblender geben,
Die schamlos aus zertretenem Menschenglück
Mit blut‘gen Händen goldne Schätze heben.

Schon morgen kann der Höllentanz beginnen,
Der ganze Völker in den Abgrund reißt.
Es ist die letzte Frist, sich zu besinnen.
Jetzt gilt’s, nur einen Krieg noch zu gewinnen;
Das ist der Krieg, der Krieg dem Kriege heißt.
(Paris 1935)

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